Publikationen
–> Liste wissenschaftlicher Veröffentlichungen
Von den Erkenntnissen profitieren
Ich habe zahlreiche wissenschaftliche Bücher und Aufsätze veröffentlicht, sowohl in Sammelbänden als auch in Fachzeitschriften, außerdem allgemeinverständliche Artikel in Fachzeitschriften sowie an eine breitere Öffentlichkeit gerichtete audiovisuelle Beiträge in unterschiedlichen Medien wie Rundfunk, TV und YouTube. Seit 2020 schreibe ich außerdem BLOG-Artikel. Die inhaltlichen Themen und Fragestellungen habe ich auch in Forschungsarbeiten, in der universitären Lehre und in Vorträgen behandelt.
Warum verfasst wer wissenschaftliche Publikationen?
Üblicherweise schreiben Wissenschaftler/innen für die akademische Community, also für die Fachkolleg/inn/en, und publizieren ihre Ergebnisse als Aufsatz (paper) in möglichst angesehenen Fachzeitschriften. Manche verfassen ganze Bücher, ebenfalls für die Fachgemeinschaft. Sie bringen so den Wissensstand ihrer jeweiligen Disziplin voran, Irrtümer nicht ausgeschlossen – diese gehören dazu. Daher kommt der Kritik innerhalb der Wissenschaften eine wichtige Rolle zu. Und auch dem Status einer Person: einem Universitätsprofessor kommt wesentlich mehr Definitionsmacht zu als zum Beispiel Lektor/inn/en oder Assistenzprofessor/inn/en.
Woher kommen die Themen?
Generell kommen sie zum einen aus dem jeweiligen fachspezifischen Diskurs: das bestehende Wissen wird erweitert, oder es wird in Frage gestellt, oder beides, siehe oben. Zum anderen können sogenannte anwendungsorientierte Forschungsfragestellungen sich aus einem Bedarf der Praxis ergeben. Ein Beispiel: Was soll in schulischen Geschichtsbüchern stehen, wenn die deutsche und die polnische Geschichte gleichberechtigt dargestellt werden sollen, und nicht aus einer national-egoistischen Perspektive heraus? Manche Forschungsfragestellungen stellen unmittelbar ein Politikum dar.
Perspektive auf gesellschaftlich sinnvolle Veränderungen
Ich persönlich habe zumeist eigenständig Themen definiert, welche neu und innovativ waren und zumeist eine Perspektive auf gesellschaftlich sinnvolle Veränderungen beinhalteten. Forschung und Praxis – oder Theorie und Praxis – sollten aufeinander bezogen sein. Dabei können sich die Vermittlungsschritte auch als indirekt und vielfältig komplex darstellen. Manches ist sogenannte Grundlagenforschung, anderes mehr auf direkte Umsetzungen in einem bestimmten Praxisfeld orientiert. Grundlagenforschung und praktische Umsetzungsziele und -möglichkeiten wechselwirken miteinander. Nachfolgend ein Beispiel.
Naturwissenschaftsdidaktik – Wissenschaftstheorie – Naturzugänge
Ein Dozent für Biologiedidaktik, der mich aus einem entsprechenden Arbeitskreis kannte, plante ein Buch eben zu diesem Gebiet und bat mich um einen Beitrag. Was tat ich? Ich wandte den damals aktuellen Stand der Wissenschaftstheorie der Naturwissenschaften (T.S. Kuhn, die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen) auf den naturwissenschaftlichen Unterricht an Schulen an, indem ich aus dem einen Schlüsse für die Praxis des anderen zog, in meinem Aufsatz mit dem Titel Das Verhältnis von Wissenschaftstheorie und Naturwissenschaftsdidaktik (1979). Der Herausgeber des Buches, Michael Ewers (†), war sehr zufrieden: für ihn war mein Beitrag der Beste des Bandes.
Naturbilder – Weltbilder – Ideologien?
In meiner sehr eigenständigen und innovativen Magisterarbeit interessierte ich mich grundsätzlich für eine Frage, die aus den damaligen vielfach diskutierten skeptischen Fragen zum Selbstverständnis der Naturwissenschaften und ihrer gesellschaftlich-kulturellen Eingebundenheit resultierten. Demnach sind die Naturwissenschaften objektiv. Das heißt: sie bringen ausschließlich wahre und objektive Aussagen hervor. Dies Selbstverständnis hat seine Basis berechtigterweise in den Methoden des experimentellen Vorgehens. Denn dieses soll gewährleisten, dass unabhängig von individuellen (subjektiven) Eigenschaften einer Wissenschaftlerin oder eines Wissenschaftlers (Alter, Geschlecht, Nation usw.) die Ergebnisse nachvollziehbar und dermaßen robust sein sollen, dass sie, wenn sie in einem beliebigen Labor mit gleicher Ausstattung an jedem beliebigen Ort der Erde wiederholt würden, zu genau denselben Ergebnissen führen sollten. Dies der große methodische Vorteil der Naturwissenschaften gegenüber den Kultur- und Sozialwissenschaften, welcher auch ihr höheres Ansehen bedingt.
Gleichwohl hatte es noch nicht lange zurückliegend, im Nationalsozialismus, eine Deutsche Physik und eine Rassenbiologie gegeben, welche offensichtlich dem Selbstverständnis der Objektivität entgegenstand und zur Diskriminierung ganzer Bevölkerungsgruppen, von Behinderten und Homosexuellen über Roma bis zur gesamten jüdischen Bevölkerung (Deutschlands und Österreichs) beitrug und im Falle der Biologie schließlich Grundlagen für den Holocaust bereitstellten. Wie konnte es dazu kommen?
Die Aufarbeitungs-Debatte zeigte einen Pol der Argumentation in der These, diese Forschungen, Theorien und Experimente seine keine wirkliche Wissenschaft, sondern ein Missbrauch dieser gewesen, und einen Pol der Argumentation im Argument, es seien immerhin ausgebildete Biologen und teilweise sogar Universitätsprofessoren gewesen, welche diese Konzepte erarbeitet hatten. So dass die rassistische Biologie Produkt der Arbeit von Fachbiologen und Universitätslehrern darstelle und daher als Ergebnis wissenschaftlicher Tätigkeit zu betrachten sei, und also sehr wohl als Problem der Wissenschaft Biologie, speziell der Humanbiologie und Anthropologie, gelten müsse. Welche damit in Gegensatz zum herkömmlichen Selbstverständnis der Naturwissenschaften gestanden seien, dass diese objektiv und ausschließlich der Wahrheit und dem Verstehen-Wollen verpflichtet seien.
Ich wollte der Sache – in verallgemeinerter Weise – näher auf den Grund gehen, und stellte in meiner philosophischen Magisterarbeit die Frage: Kann es in den Naturwissenschaften generell, also über die genannten Fälle hinaus, Ideologisches geben? Gibt es Einfallstore dafür, eventuell unterschiedliche, je nach Fachdisziplin?
Meine theoretischen Überlegungen prüfte ich dann in einem empirischen Teil der Arbeit mittels einer sprach- und ideologiekritischen Untersuchung aller damals in der Bundesrepublik Deutschland von Ministerien genehmigten Biologie-Schulbücher aller Schulstufen. Diese Magisterarbeit stellte mit an die 180 Seiten und einem theoretischen und empirischen Teil eher eine Doktorarbeit dar. Methodisch stützte ich mich auf ein Büchlein von Jürgen Ritsert: Inhaltsanalyse und Ideologiekritik. Ein Versuch über kritische Sozialforschung (1972). In meinen theoretischen Überlegungen stütze ich mich auf die philosophische und soziologische Fachliteratur (Mannheim, Marx u.a.). Meine theoretischen Ergebnisse führten später zu einem Übersichtsartikel meiner in einer philosophischen Fachpublikation: Ideologie und Naturwissenschaften – Rückblick auf zwei Jahrzehnte einer Diskussion von der Studentenrevolte bis zu den 80er Jahren, in: DIALEKTIK 10, Köln 1985, S. 241–270.
Natur in der Schule: Bewunderung oder Kontrolle der lebendigen Vielfalt
Der empirische Teil der Magisterarbeit über Weltanschauungen in biologischen Lehrtexten erbrachte leider positive Ergebnisse in Hinsicht auch auf weltanschauliche und ideologische Aspekte, sowohl in theoretischer als auch in Schulbuch-didaktischer Hinsicht. So fand ich unter anderem – zu meinem Erstaunen –, dass die gleichen biologischen Inhalte in den Schulbüchern für Hauptschulen aus der Froschperspektive dargestellt wurden, in den Gymnasial-Lehrbüchern hingegen aus einer Vogelperspektive. Wobei – aus heutiger Perspektive – die Froschperspektive näher dran war an Staunen über die Wunder der Natur, und also ansatzweise eher auf Verbundenheit mit Lebendigem abzielte, als auf deren pure Klassifikation mit lateinischen Begriffen für die unterschiedlichen Arten, welche eher persönliche Distanz herstellten, dafür aber einen übersichtlichen Blick von oben. Solche Klassifikationen dienen nicht nur der biowissenschaftlichen Einsicht, sondern es wurden Klassifikationssysteme vor allem in Zeiten des Kolonialismus gebraucht als eine Voraussetzung für die Ausnutzung und Kontrolle der lebendigen Vielfalt, für die koloniale Herrschaft über Länder und Kontinente.
Heute würde ich sagen: die in den Hauptschul-Büchern wenig intendierte Einsicht in größere Zusammenhänge hatte immerhin den Vorteil, zumindest etwas auf Respekt vor und Verbundenheit mit allem Lebendigen zu zielen. Was aus heutiger Sicht dringend nötig ist als eine der Voraussetzungen für Arten- und Klimaschutz, und für das Neu-Denken des menschlichen Selbstverständnisses vor allem in den Industrienationen.
Damals gab es eine gewisse gesellschaftliche Offenheit für Fragen gesellschaftlich-kultureller Hintergründe von Wissensbeständen, speziell auch der Weltanschauungs- und Ideologiekritik, und im Besonderen zur inhaltlichen Gestaltung von Schullehrbüchern. So hatten sich beispielsweise Schulbuchkommissionen die oben angedeutete Reform der Geschichtslehrbücher in Richtung auf Harmonisierung der polnischen und deutschen Darstellungen vorgenommen. In eine analoge Richtung gehende Bestrebungen gab es für den Deutsch-Unterricht, und in den Naturwissenschaften für die Physik.
Ich selber suchte Kolleginnen oder Kollegen aus der Biologie, um am Themenfeld auch nach dem sehr erfolgreichen Examen weiter zu arbeiten. Es entstand ein Taschenbuch, welches im Rowohlt-Verlag erschien: Natur in der Schule, herausgegeben von Ernst Busche, Brunhilde Marquardt und mir. Das Buch Natur in der Schule ist vergriffen und nur noch in Biblotheken einsehbar oder über Antiquariate bestellbar, z.B. hier. Jedenfalls: Mit diesem Band erzielten wir eine erfreuliche Breitenwirkung, allerdings die politischen Rahmenbedingungen änderten sich, und so konnte es zu keiner ebenfalls breiten Umsetzung der darin vorgestellten Überlegungen kommen.
War die Biologiedidaktik zwar mein erstes akademisches Arbeitsfeld mit einer Buchpublikation in einem angesehenen Verlag, so waren mangels entsprechender Professuren mit zugeordneten weiteren Stellen praktisch keine Möglichkeiten vorhanden, dies Engagement einer unbezahlten wissenschaftliche Tätigkeit in einen bezahlten Beruf zu überführen. Jedoch habe ich mich auch später immer wieder mit didaktischen Fragen – dann insbesondere der Hochschullehre – beschäftigt und darüber publiziert oder Vorträge gehalten. Oder es gingen entsprechende Publikationen aus dieser Lehrtätigkeit an Universitäten hervor.