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Dr. Margarete Maurer, M.A.  Interdisziplinäre Forschung und Praxis

Natur und Klimawandel

Natur in Naturwissenschaft, Technik und Gesellschaft

In der Umgangssprache wird den Begriffen Natur und natürlich sehr Verschie­denes zugeordnet: sowohl einzelne Lebewesen und ökologische Systeme als auch die gesamte Welt: Erde und Kosmos sind gleichfalls Natur. Der Begriff umfasst damit etwas Ganzes und vieles Einzelne gleichermaßen – ein merkwürdiger Sach­verhalt. Dieser wird noch dadurch kompliziert, dass wir selbst – zumindest in unserer Körperlichkeit oder Leiblichkeit – als Natur oder Teil der Natur anzusehen sind. In dieser Hinsicht sind wir auch direkt oder indirekt Gegenstand von Biochemie, Zell- und Molekularbiologie, Humanbiologie und Medizin. – Fragen:

Was bedeutet es, wenn die Naturwissenschaften so definiert werden, dass sie die Natur zum Gegen­stand haben, dass Natur ihr Objekt ist?

Wie kommt Natur in den beobachtenden und in den experimentellen Naturwissenschaften vor, welche sich in gewisser Weise als technologisch fundierte Wissenschaften begreifen lassen? Wie ist Natur repräsentiert, wie erscheint sie speziell in den biologischen Wissenschaften?

Natur als „Gegenstand“ der Naturwissenschaften: was heißt das?

Meine Überlegungen dazu gehen von ökologisch-ethischen Forderungen nach einem neuen oder anderen Naturbegriff aus, welcher als erforderlich angesehen wird, um die ökolo­gische Krise zu bewältigen, Denn – in der Nachfolge Bacons – seien an dieser die modernen Naturwissenschaften  einschließlich der Biowissenschaften als gewissermaßen mitschuldig, denn es sei ihnen aufgrund ihres Macht- und Herrschaftsanspruches gegenüber der Natur ein zerstörerischer Zugriff auf Natur immanent, das heißt, in sie eingebaut. – Frage: Ist ein Weg denkbar, welcher eine nicht-zerstörerische Naturbeziehung implizieren würde?

Die Suche nach Antworten erfordert eine Analyse, Interpretation und Rekonstruk­tion der Naturbeziehung der experimentell verfahrenden biologischen Wissen­schaften. Dazu mache ich einige Vorschläge in meinem Aufsatz Die Natur der Labor-Naturen oder Wieviel Natur repräsentiert die Labor-Natur der experimentellen Biologie?, in: Repräsentationsformen in den biologischen Wissen­schaften. Verhand­lungen zur Geschichte und Theorie der Biologie 3, hg. von Armin Geus und anderen 1999, S. 37–50. – Vertiefung:

Die Alltagspraxis der naturwissenschaftlichen Forschung und ihr Naturbezug

Wie stellen sich die unterschiedlichen Naturkonzepte real, also in der alltäglichen Praxis der naturwissenschaftlichen Forschung dar, sei es im Feld, sei es im Labor? Wie lassen sich diese Natur-Verhältnisse und ihr Natur-Bezug beschreiben? Und was haben diese mit Natur-Politik zu tun?

Im Besonderen in der modernen naturwissenschaftlichen Laborforschung stellt sich die Frage: Was für eine Natur – oder welche – ist hier Gegenstand und wird untersucht, in einem allgemeinen Sinne? Oder sind Gegenstand der Laborpraxis Auszüge, Teilstücke, Modelle, zurechtgestutzte Natur? Welcher Naturbezug zeigt sich in experimentell hergestellter Labor-Natur?

In meinem Aufsatz Zum Politischen im Naturbezug der naturwissen­schaftlichen Laborpraxis. Für eine Politik der Koproduktivität und des Dialoges, in: Öster­reichi­sche Zeitschrift für Politik­wissen­schaft, 5. Jg., Nr. 2, 1996, S. 151–168 werden meine Ergebnisse zu diesen Themen vorgestellt und mithilfe kommunikations­wissen­schaftlicher Theorien interpretiert. Damit wird eine Brücke geschlagen zwischen Natur- und Kultur-/ Gesellschaftswissenschaften. Und es ergeben sich daraus neue Fragen und Ansätze:

Nämlich, indem begründet wird, warum für zukunftsfähige naturpolitische Lösungsansätze die Partizipation von Bürger/inne/n und Initiativ­gruppen sowie ein verstärkter und gleichberechtigter interdisziplinärer Dialog und eine ebensolche Kooperation zwischen Natur­wissenschaftler/innen, Ingenieur/inn/en und Wissenschaftler/inne/n aus den Politik- Sozial- und Geistes­wissenschaften wünschenswert sind. Insbesondere dann, wenn eine Naturpolitik angestrebt wird, welche Natur als Mitwelt behandelt und daher einen Naturbezug realisiert, der auf Mit-Produktivität und Allianztechnik (Ernst Bloch 1959) beruht: eine Idee, die weiter auszubauen interessant sein könnte.

Dies ergänzend, wird in einer umfangreichen Buchpublikation, herausgegeben von mir und Otmar Höll, Natur in einem weit gefassten und grundlegenden Sinne als zentrales Thema politischer und politik­wissenschaftlicher Aus­einander­setzung verstanden, welches demokratischer Gestaltung bedarf. Ausgangspunkt ist die vielfältige Verflochtenheit von Natur und Gesellschaft, einschließlich ihrer Subsysteme Wirtschaft und Politik.

Natur als Politikum

Der Vielfältigkeit und Komplexität der Thematik entsprechend bietet der Band Beiträge aus verschiedenen kulturellen Traditionen und Perspektiven, aus unter­schiedlichen politischen Positionen und wissenschaftlichen Disziplinen, von Philo­sophie, Soziologie und Geographie über ökologische und feministische Forschung bis zu Psychologie, Politik-, Rechts- und Literaturwissenschaften sowie systems engeneering. Außereuropäische Sichtweisen sind einbezogen, zum Beispiel Beiträge zum Naturbezug lateinamerikanischer indigener und traditioneller indischer Gesellschaften.

Kritische Theorie der Bio­wis­senschaften

Besteht die Aussicht, zum hier beschriebenen wissenschaftlichen Hauptarbeitsgebiet meiner, also zu Theorie, Geschichte und Kritik der Naturwissenschaften inklusive darauf bezogener Wissenschaftsforschung und Technikbewertung und der Frage nach damit verbundenen Naturbezügen und kulturellen welt­anschaulichen Aspekten, speziell der Biowissen­schaften, ein theoretisches Konzept zu entwickeln, mit welchem die Themen und Fragestellungen sich in einen über­greifenden Rahmen einordnen lassen?

Der Sinn eines solchen Versuchs liegt einerseits darin, einen Beitrag zur disziplin-internen Selbstverständigung unter Biologen und Biologinnen zu leisten, zum anderen darin, Grundlagen bereitzustellen für die weitere Diskussion um Wissenschaftsethik und Technikfolgenbewertung im Bereich der Biowissenschaften.

Einen ersten Ansatz dazu bietet mein Aufsatz Zum Konzept einer Kritischen Theorie der Bio­wis­senschaften, in: Jahrbuch für Geschichte und Theorie der Biologie II, hg. von Hans-Jörg Rheinberger und Michael Weingarten 1995, S. 29–40.  Darin werden die einige Ausgangspunkte, Zielsetzungen, Fragestellungen, die Notwendigkeit und Aufgabe einer Kritischen Theorie der Biowissenschaften skizziert sowie auch die spezifischen Probleme, die sich dem Versuch entgegenstellen, eine solche zu entwickeln. Die weitere Ausarbeitung ist geplant.

Klimawandel aus philosophischer und soziologischer Sicht

Derzeit befasse ich mich vorrangig mit der Klimakatastrophe und der Frage, ob oder wie sie noch abgebremst werden kann. Denn es geht um das Überleben der Natur auf dem Planeten Erde inklusive der menschlichen Populationen und Kulturen.

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